Die Preisentwicklung von Festivaltickets

Wer von euch hat sich nicht auch schon einmal über die steigenden Preise für Festivaltickets geärgert? Die wenigsten von uns wissen noch genau was sie letztes Jahr für die ein oder andere Großveranstaltung gezahlt haben, allerdings hat man das subjektive Empfinden, für die selbe Party im nächsten Jahr massive Aufschläge bezahlt zu haben. Ist da was dran?

Natürlich gibt es in allen Bereichen des Lebens steigende Preise, allerdings fallen sie für unterschiedliche Produkte oder Dienstleistungen auch unterschiedlich hoch aus. Um die durchschnittliche Preisentwicklung zu ermitteln, bedient sich das statistische Bundesamt daher eines Warenkorbes, der stellvertretend für eine möglichst repräsentative Anzahl verschiedener Güter steht. In diesen Warenkorb werden hunderte Produkte aufgenommen, die aus verschiedenen Kategorien stammen. Diese umfassen u.a. Nahrungsmittel, Bekleidung, Wohnung, Verkehr, Gesundheit und Freizeit bzw. Unterhaltung. Betrachtet man nun die Preisentwicklung und zieht einen Schnitt, lässt sich die Inflation berechnen. Die jährliche Inflationsrate wird vom statistischen Bundesamt veröffentlicht und dient u.a. auch als Anhaltspunkt um Lohnentwicklungen zu bewerten.

 

Die aktuelle Inflationsrate gegenüber dem Vorjahr beträgt 1,9%. Wie schon oben erwähnt, muss diese Rate nicht für Produkte oder Dienstleitungen aus dem Bereich Unterhaltung, Kultur und Freizeit gelten, wer allerdings sein Geld öfter als Otto-Normalverbraucher in diesen Bereich investiert, wird daran interessiert sein, inwieweit z.B. Eintrittskarten für Großveranstaltungen von diesem gewichteten Mittel abweichen.

 

Picken wir uns nun ein paar Festivals heraus und führen einen Preisvergleich durch, können wir uns ein Bild über die tatsächliche Preisentwicklung machen und schauen, ob wir mit unserem subjektiven Empfinden deutlich gestiegener Preise richtig liegen. Interessant ist dabei nicht nur die Veränderung gegenüber dem Vorjahr, sondern insbesondere die Entwicklung über einen Zeitraum von 5 Jahren.

 

Die „Nature One“ ist eines der größten und beliebtesten Open Air Festivals für elektronische Musik in Deutschland und wird vielleicht von dem einen oder anderen Leser mindestens schon einmal besucht worden sein. Letztes Jahr kostete ein Festivalticket für das ganze Wochenende 70,- Euro, dieses Jahr muss man 72,- Euro berappen. Dies entspricht einer Preissteigerung von 2,86 Prozentpunkten (PP) und liegt somit über der Inflationsrate von 1,9%. 2,- Euro mehr für ein Festivalticket einer Veranstaltung dieser Größenordnung werden aber kaum jemandem sauer aufstoßen. Wenn man sich aber nun einmal klar macht, dass ein Ticket vor 5 Jahren noch 56,- Euro gekostet hat, sieht die Sache sicherlich anders aus. Während die Inflation im Vergleichszeitraum rund 10,06% beträgt, haben die Ticketpreise rund 28,57 PP zugelegt! Handelt es sich hierbei um einen Einzelfall?

 

Wenn wir uns das Thüringer „Sonne Mond Sterne“ Festival ansehen, sieht die Sache noch extremer aus. Während man letztes Jahr noch 99,- Euro für das Wochenende bezahlt hat, muss man dieses Jahr mit 111,- Euro deutlich tiefer in die Tasche greifen (+12,12 PP). Seit 2008 (79,- Euro) sind die Preise sogar um 40,51 PP gestiegen, was fast dem vierfachen der Inflationsrate im gleichen Zeitraum entspricht!!! Diese Entwicklung scheint der Beliebtheit des Festivals aber keinen Abbruch beschert zu haben, da es die letzten Jahre immer ausverkauft war.

 

Weiter geht's: beim "Melt!" Festival war man 2008 noch mit 90,- Euro für das Wochenende dabei, letztes Jahr kostete der Spaß schon 120,- Euro und dieses Jahr satte 136,- Euro (+51,11 PP)!!! Wie sieht es bei einer Indoor-Veranstaltung wie der „Time Warp“ aus? Das Technofestival im Süden Deutschlands schlug 2008 mit 45,- zu Buche. Dieses Jahr musste man 60,- berappen, was einer Preissteigerung von 33,3 PP entspricht.

 

Woher kommen diese extremen Preissteigerungen? Hier können eine Vielzahl an Faktoren eine Rolle spielen: gestiegene Logistikkosten, Abgaben, Löhne der Mitarbeiter, DJ Gagen, Ausgaben für Sicherheit usw. Vorfälle wie die Love Parade Katastrophe werden ebenfalls dazu geführt haben, dass strengere Auflagen erfüllt werden müssen, die mit höheren Aufwendungen verbunden sind. Man kann in jedem Fall davon ausgehen, dass die Veranstalter entlang der kompletten Planungskette mit höheren Ausgaben konfrontiert werden und sich nicht 1:1 die Mehreinnahmen in die Tasche stecken. Eine Anhebung der Gewinnspanne sollte man aber auch nicht ausschließen. Was auch immer der Grund ist, als Endverbraucher ist man grundsätzlich immer der Blöde.

 

Dass es auch positive Ausnahmen dieser Entwicklung gibt, zeigt das Beispiel der „Mayday“. Die „Mayday“, gerne als die Mutter aller Raves bezeichnet, kostete 2008 55,- Euro, dieses Jahr fielen 61,- Euro an. Dies entspricht fast genau einer Preissteigerung analog der Inflation im betrachteten Zeitraum. Da scheint der Sprung von 2,- Euro gegenüber dem Vorjahr noch am größten auszufallen (+3,39 PP). Da im Zusammenhang mit der „Mayday“ gerne das Wort „Kommerz“ in den Mund genommen wird, sollte man seine Wahrnehmung zumindest in Bezug auf die Preisentwicklung mal auf den Prüfstand stellen.

 

Für eine seriöse Studie und fundierte Aussage zur eingangs gestellten Frage, ob Festivals jedes Jahr massiv teurer werden, reichen die wenigen hier aufgeführten Beispiele natürlich nicht aus. Dafür müsste man die Preisentwicklung einer deutlich höheren Anzahl an Partys beleuchten. Wenn jemand von Euch regelmäßig eine der oben genannten Festivals besucht, die mit zu den beliebtesten in Deutschland zählen, dürfte er allerdings etwas schlauer sein. Man kann sich ja selber ausrechnen was man in Zukunft bezahlen wird, wenn man die Uhr noch einmal fünf Jahre weiter dreht und die Ticketpreise in selber Weise weiter steigen. Ich persönlich bin mir sicher, dass sich auch der überwiegende Teil der übrigen Festivals durch signifikant steigende Preise auszeichnet, die weit über der Inflation liegen. Ob man bereit ist diese Jahr für Jahr hinzunehmen, muss jeder für sich selber entscheiden.

 

Erik

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Brøn (Dienstag, 13 August 2013 21:37)

    Gude Erik,

    Sehr informativ, danke!!
    Gefühlt werden wir überall abgezockt, dass allerdings so ein kommerzieller Rave wie die Mayday nicht wesentlich teurer wird, Hut ab.

    Wenn Du jetzt noch ein Chart hättest, wo alles kurz und knapp zusammengefasst ist, 1A!

    Over & Out

  • #2

    Linda (Dienstag, 08 September 2015 21:45)

    Bin hier grade bei Recherchen drüber gestolpert und konnte es nicht unkommentiert lassen.
    Fragt doch mal die Gema, warum die Eintrittspreise jedes Jahr steigen...! Und die Künstler werden ebenfalls von Jahr zu Jahr teuer. Eine meiner Meinung nach recht kurzsichtige Rechnung hier....

  • #3

    Schickung (Dienstag, 08 September 2015 22:40)

    Hallo Linda,

    beim aufmerksamen Durchlesen des Artikels wirst Du feststellen, dass die von Dir genannten Faktoren sehr wohl berücksichtigt wurden. Ich zitiere: "Woher kommen diese extremen Preissteigerungen? Hier können eine Vielzahl an Faktoren eine Rolle spielen: gestiegene Logistikkosten, Abgaben, Löhne der Mitarbeiter, DJ Gagen, Ausgaben für Sicherheit usw."

    Fakt ist, dass die steigenden Kosten, ob gerechtfertigt oder nicht (was übrigens auch nicht das Thema ist), immer an den Endverbraucher weitergegeben werden. Und da diese Preissteigerungen deutlich von der normalen Inflationsrate abweichen, fressen sie mit jedem Festivalbesuch einen zunehmend größeren Anteil des zur Verfügung stehenden Einkommens.

    Ich hoffe Dir den Sinn des Artikels etwas näher gebracht zu haben.

    Gruß Erik

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